Der ganz normale Alltag auf Megapostergröße gebracht. |
Die Bilder sind Teil einer Fotoausstellung, die den sonst trostlosen Bahnhof auf besondere Weise belebt. Gerade weil die Fotomotive aus dem Leben der Fahrgäste stammen, schauen diese neugierig hin. Zusammen mit zwei regionalen Fotografen organisierte das Goethe Institut Chennai einen Workshop sowie die Ausstellung 24/7 im Rahmen Deutschlandjahres und Teil der jährlichen Art Chennai.
Eine alte Dame freut sich über das Interesse des Fotografen. |
Verschiedene Architekten hatten die 17 Bahnhöfe der MRTS Bahn (Mass Rapid Transit
System) in den 70er Jahren entworfen. Shops und kleine Restaurants sollten dort
einziehen. Doch dann wurden die Stationen nicht fertiggestellt, Firmen gingen
pleite. Bauruinenartige Gebäude blieben übrig. Obwohl die Bahn mitlerweile gut
funktioniert, sind die Stopps immer noch ein Desaster. Unter der Hochbahn führt
der Buckingham Kanal hindurch, einst ein belebter Wasserweg, nach der
Begradigung im Zuge des Bahnbaus nur
noch eine stinkende Lache.
Fernsejournalisten im Interview mit den Veranstaltern. |
Heute schlendern durch Thiruvanmiyur Station interessierte Besucher durch die Gänge,
schauen, fotografieren und wundern sich. Es sind nicht nur Menschen darunter, die hier
sonst nie einen Fuß hineinsetzen würden, sondern auch solche, denen diese Art üblicherweise
Kunst sonst verschlossen bleibt. Kunst und Fotografie, wie sie in Chennai nur hinter Mauern und für ein ausgewähltes
Publikum gezeigt wird.
Die Fotos sind innerhalb des Workshops mit dem
Thema „One Day in Chennai“ entstanden. Profis und Laien liefen einen Tag durch
die Stadt und fotografierten das tägliche Leben. Einsendungen gab es über 1000 von denen 120
Fotos ausgesucht wurden: Priester, die
ihr tägliches Gebet verrichten, eine junge Frau, die mit einem Papagei flirtet,
eine alte Dame, die ihr Haar eitel wie ein Mädchen zurückstreift, kleine Jungs,
die am Strand Handstand üben. Fast immer
sind die Motive Menschen mit ausdrucksstarken Gesichtern, einige von ihnen auf
riesige Poster gedruckt.
„Tagelang haben wir bis zum Umfallen
geschuftet bis alle Bilder befestigt waren“, sagt der Fotograf Varum
Gupta. Sein Kollege, Alex McNeil, ein
Brite, der in Chennai lebt: „Der Bahnhof war eine Müllhalde, aber das
Reinigungspersonal der MRTS hat uns unterstützt.“ Die beiden Fotografen schweben nun wie auf
Wolken. Dass diese Ausstellung zustande kam, grenzt fast an ein Wunder. Denn der Widerstand, Kunst öffentlich auszustellen, ist in Chennai
enorm. Die MRTS ist nun allerdings
begeistert, vor allem auch, weil dem Unternehmen die Fotos geschenkt wurden.
Die nächste Ausstellung wurde von Deepak Krishna, General Manager der Southern
Railways bereits in Aussicht gestellt.
Text und Foto: Senya Müller